Warum werden in Schultrainings die Jugendlichen immer mal wieder "kleingestutzt"? Mit Feststellungen wie: "Ihr seid 10 Minuten zu spät zum Training gekommen. Nehmt ihr diese Veranstaltung überhaupt ernst? Wisst ihr, was so ein Trainingstag überhaupt kostet?"
Nachdem die Klasse von der Klassenleitung so eine Standpauke erhalten hat, soll ich dann das Training übernehmen und soll möglichst wieder eine positive Grundhaltung aller erwirken. Wie soll das denn gehen? Und was passiert da eigentlich an pädagogischer Sinnigkeit oder eher an mangelndem Menschenverständnis?

Dieser Vorfall in einem kürzlichen Training mit einem Kollegen erinnert mich daran, wie ich vor einigen Jahren selber Trainings mit Jugendlichen geleitet habe. Damals hatte ich innerlich die Einstellung, nur mit "Druck und Maßregelung" kann ich die Jugendlichen anleiten und mit einer Art von Dominanz kann ich ihnen zeigen, wem sie im Training folgen müssen, nämlich mir als Seminarleiter. Doch die Sache ist, dass ich damals mit dieser inneren Haltung komplett "an die Wand gefahren" bin. Die Jugendlichen haben mir keinen größeren Respekt gezollt. Im Gegenteil: Sie haben schnell abgeschaltet und wurden phlegmatischer. Wenn man als Mensch spürig ist, kann man erkennen, dass sich die anderen von einem zurückziehen und man spürt, wie einsam es sich in sich drinnen anfühlt, wenn man eine Gruppe mit Druck im Außen anleiten möchte.
Heut zu Tage bin ich sehr froh, dass ich es in den letzten Jahren gelernt habe, wie ich einen richtigen wertschätzenden Kontakt zu den Jugendlichen aufbaue. Ich habe gelernt, erst Kontakt zu mir selber aufzubauen. Ich habe mich selber schätzen gelernt mit Hilfe von einem erfahrenen und reifen Mentor, der mich durch meine inneren Prozesse begleitet hat. Das waren keineswegs einfache Zeiten, denn ich musste mich vielen inneren negativen Programmen stellen. Ich habe erkannt, wie ich mich innerlich selber zurück gezogen hatte und wie ich "keinen Bock auf Kontakt" zu anderen hatte. Erst als ich es auch schaffte, an meine inneren gespeicherten negativen Gefühle zu kommen und diese durchfühlen konnte, dann hat sich Schritt für Schritt das Neue eingestellt. Das Neue heißt, dass ich jetzt mit mir innerlich richtig in Kontakt gehen kann. Ich kann wahrnehmen, wie es mir innerlich wirklich geht. Ich habe erkannt, was ich in der Vergangenheit innerlich erlebt habe. Ich habe mein Vergangenes nochmals durchgefühlt. Und ich habe angefangen, mir und meiner Umgebung für das Erlebte zu verzeihen. Ich habe gelernt, gut zu mir zu sein und mich mehr innerlich wertzuschätzen. Und nach und nach konnte ich auch mein Gegenüber mehr wahrnehmen und mehr schätzen.
Jetzt kann ich beim anderen das Schöne erkennen und dem anderen mitteilen. Aber auch das noch nicht Erlöste im Anderen bemerke ich und kann es annehmen. Und ich freue mich, dass ich meine Trainings heut zu Tage nicht mehr mit "Druck und Dominanz" führen muss, sondern mit Vertrauen und innerer Sicherheit, mit einem stabilen Kontakt zu meinem Inneren und mit einem wertschätzenden Kontakt zu meinem Gegenüber.
Welche Erfahrungen machst du, wenn du Gruppen leitest oder wenn du eine Gruppenarbeit im Beruf durchführen sollst?
Wie gut kannst du dich in dich selber und in den anderen einfühlen?
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